16.05.2024
„Wir sind kein Schnellboot, sondern ein Tanker“
Die Bilanzzahlen des Geschäftsjahres 2023 verraten, wie es den vier selbstständigen VR-Genossenschaftsbanken in der Stadt und im Landkreis geht
Trotz politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten und zögerlicher Investitionsbereitschaft vieler Kunden haben die Volks- und Raiffeisenbanken in Stadt und Landkreis Landshut ihre Marktstellung weiter ausgebaut. Bei einem Pressegespräch am Dienstag in Ergolding gab der Kreisverbandsvorsitzende, Andreas Antholzer, die konkreten Zahlen des abgeschlossenen Geschäftsjahres 2023 bekannt. Die Rede war dabei von einer stabilen Entwicklung und soliden Ergebnissen.
So wuchsen im vergangenen Jahr die Kreditbestände der vier selbstständigen Genossenschaftsbanken Landshut Land, Isar-Vils, Landshut und Buch-Eching moderat an, wodurch der 50-prozentige Marktanteil gehalten wurde. Allen voran bei den Wertpapieranlagen war ein überdurchschnittlicher Anstieg erkennbar. Das betreute Kundenvolumen stieg dadurch um 3,3 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro. Gleichzeitig wuchs das Kundenanlagevolumen. Gesunken ist hingegen das Einlagenvolumen der RV-Banken, was sich wiederum in der ebenfalls gesunkenen Bilanzsumme widerspiegelt.
Omnikanäle als sicheres Erfolgsmodell
Ihren Erfolg führt die Vorstandschaft des Kreisverbands Landshut der Genossenschaftsbank Bayern auf ihr Universalbankenmodell zurück. Ihre Stärke liegt laut eigenen Aussagen darin, mit ihren Angeboten sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen gerecht zu werden. Ein weiterer Erfolgsfaktor sei das umfassende Beratungsangebot in Präsenz und im digitalen Bereich. Den Bedürfnissen ihrer Kunden nach schnellen Antworten, flexibel terminierten Beratungsangeboten und kurzen Entscheidungswegen entgegneten die Banken vor Ort in den 29 Filialen der Region oder online per Videoberatung oder digitaler Kommunikation. Die Vorstandschaft des Kreisverbands ist sich jedoch auch im Klaren darüber, dass es für einen Geschäftserfolg nicht nur zufriedene Kunden, sondern auch motivierte Mitarbeiter braucht. Durch umfassende Homeoffice-Angebote unterstütze man deshalb beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit, so der stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Ludwig Frischmann.
Unsicherheit als größter Hemmschuh
Die rückläufige Investitionsbereitschaft der vergangenen Jahre, die die Bänker in der Region hautnah miterlebten und die sich nun auch durch die Rezession der Wirtschaft bemerkbar machte, sei laut dem Vorstandsvorsitzenden Antholzer nicht nur auf die hohen Zinsen und Verbraucherpreise, sondern auch auf diverse politische Entscheidungen zurückzuführen. Das Problem läge oft in deren Kurzfristigkeit, denn nichts sei für Menschen schlimmer als unsichere Verhältnisse, so der Bankdirektor. „Die Unsicherheit darüber, was die Regierung morgen entscheiden könnte, macht viele Investitionen zunichte“, bestätigt auch Frischmann. Insbesondere in der rückläufigen Nachfrage für Bestandsbauten mache sich dieses Dilemma bemerkbar: Kaum einer sei bereit, in eine Immobilie zu investieren, bei der man nicht wisse, welche zusätzlichen Kosten, durch beispielsweise eine neue Heizung, auf einen zukämen, erläutert der Finanzexperte Antholzer das Problem.
Die politischen Kehrtwenden – wie die des Heizungsgesetzes – mit teils kurzen Fristen, machten es aber auch für Banken schwer, adäquat zu reagieren. Antholzer versinnbildlicht dies mit einem Beispiel: „Wir Banken sind wie Tanker und nicht so wendig wie Schnellboote. Bei einem plötzlichen Richtungswechsel brauchen wir einfach eine gewisse Zeit, um diesen einschlagen zu können.“ Die Leidtragenden seien dann die Kunden, die im Vorfeld bereits Verträge zu schlechteren Konditionen abgeschlossen hätten. Von der Politik wünscht sich der Vorstand deshalb mehr Planbarkeit.
Während des vergangenen Jahres sei der „Immobilienmarkt relativ dünn“ gewesen, berichtet der Kreisvorsitzende Antholzer. Mittlerweile sei jedoch ein moderater Rückgang bei den Immobilienpreisen zu beobachten, was auch die Nachfrage beflügle. Nicht zuletzt deshalb schauen die Finanzbranche und mit ihr die Vorstandschaft der Kreisgruppe Landshut gespannt auf die Europäische Zentralbank, von der zeitnah eine Entscheidung über Zinssenkungen erwartet wird. Im Zusammenhang mit der Zinswende vermuten die Bänker des Landkreises, dass dies die Kaufkraft und Investitionsbereitschaft ihrer Kunden ankurbeln könnte.
Zahlen im Geschäftsjahr 2023
Aktuell verfügen die Genossenschaftsbanken der Region über knapp 40000 Mitglieder und 118000 Kunden, die von 670 Mitarbeitern betreut werden. Die vier selbstständigen Banken gelten als ein wichtiger Arbeitgeber der Region. Für die Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter und für die der 45 Auszubildenden investierten sie im vergangenen Geschäftsjahr 590000 Euro.
Die Bilanzsumme der Banken sank um 1,2 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Auch die Kundeneinlagen sanken um 1,4 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Gleichzeitig konnte das betreute Kundenanlagevolumen um 3,9 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro gesteigert werden.
Das haftende Eigenkapital stieg von 431 Millionen Euro auf 440 Millionen Euro. Durch die zweiprozentige Steigerung hielt man die Ertragssituation zwar stabil, mit dem Wachstum konnte die Eigenkapitalzuführung dennoch nicht Schritt halten.
Insgesamt zahlten die vier selbstständigen VR-Banken 6,1 Millionen Euro Steuern. Der Anteil der Gewerbesteuern betrug dabei 2,8 Millionen Euro. Durch Aktionen wie der des Gewinnsparens – einer Mischung aus Sparvertrag und Lotterie – kamen im vergangenen Jahr etwa 277000 Euro zusammen. Die Summe ging als Spende an gemeinnützige Institutionen, Sport- und Kulturverein sowie soziale und kirchliche Einrichtungen in der Region.
Tonia Anders, Vilsbiburger Zeitung